Das Versagen der Stadtplanung in Linz
Linz hat viele Probleme, zu viele. Zugegeben, Stadtplanung ist dabei sicherlich nicht das größte und vor allem keines, das die breite Öffentlichkeit und Medien interessiert. Wenn allerdings die Auswirkungen verfehlter Stadtplanung spürbar werden, dann wird es zu spät sein. Denn korrigieren lassen sich die katastrophalen städtebaulichen Sünden auf absehbare Zeit kaum. — Dasselbe lässt sich übrigens auch für die verfehlte Verkehrsplanung in Linz sagen.
Der frühere Leiter der Linzer Stadtplanung, Wolf-Dieter Albrecht, bringt es bei einer Veranstaltung im Architekturforum Linz (afo) auf den Punkt: Es gibt keine Stadtplanung mehr in Linz. In der Planungsabteilung der drittgrößten Stadt Österreichs (hinter Wien und Graz) arbeitet nur eine Handvoll Leute. Und darunter findet sich kein einziger ausgebildeter Architekt und Stadtentwickler
, so Lorenz Potocnik gegenüber dem Nachrichtenmagazin Profil. Potocnik, Architekt und Gemeinderat (NEOS), setzt fort: Städtebauliche Entscheidungen werden rein nach politischer Opportunität gefällt und weder SPÖ noch FPÖ seien Sachargumenten zugänglich. Es wird davon gesprochen, dass in Linz den Interessen von Investoren Tür und Tor geöffnet würden.
Dabei - darauf weist Johann Mayerhofer in den OÖN hin - werde ein rechtskräftiges, örtliches Entwicklungskonzept (Raumordnungsgesetz) mit zehnjähriger Gültigkeit (bis 2023) derzeit immer öfter ausgehebelt. Es liegt sogar eine Anzeige bei der Volksanwaltschaft gegen die Stadt Linz vor.
Hochhäuser in Linz
Seit Monaten erregen die Pläne der Linzer Stadtregierung, neue Hochhäuser verstreut über Linz hochzuziehen, den Unmut von Stadtplanern, Architekten und Teilen der Bevölkerung. Reine Investorenprojekte, wie viele meinen.
Der Infrastrukturreferent der Stadt, Stadtrat Markus Hein (FPÖ), meint dazu: Die neuen Hochhäuser und die noch geplanten Hochhausprojekte zeigen, dass Linz eine moderne Stadt ist, die sich ständig weiterentwickelt.
Dabei bleibt Hein allerdings die Antwort auf die Frage schuldig, wieso Hochhäuser Indikatoren einer modernen Stadt seien und wieso diese zur Weiterentwicklung der Stadt beitrügen. Diese Zugehensweise kann man durchaus naiv nennen und sie belegt, was der Stadtplaner Reinhard Seiß als Auseinandersetzung auf einem erschreckend niedrigem sachlichen Niveau bezeichnet.
Dass planende Architekten Hochhäusern das Wort reden, ist naheliegend. So meint Andreas Kleboth: „Hochhäuser sind eine tolle Gelegenheit für Linz, eine sofort sichtbare, moderne Alleinstellung in der Stadtentwicklung zu schaffen.“ Das Architekturbüro Kleboth Lindinger Dollnig plant selbst den sogenannten Weinturm
an der Kaarstraße 11 direkt neben dem Seniorenzentrum und dem Grünmarkt in Urfahr. (Siehe Beitrag Hochhausprojekt Weinturm – Linz, Urfahr, Kaarstraße 11
)
Besonders regt ein Projekt im Zentrum der Stadt, am Schillerpark auf, das bis zu kolportierten 130 Meter hoch werden soll. Laut OÖN vom 9.8.2017 haben die Pfeiffer-Gruppe und Ernst Kirchmayr (Plus-City, Pasching) entsprechende Immobilien bereits erworben.
Folgende Hochhauser sind in Bau, bzw. in der Projektphase oder Planung
- Hochhaus Bulgariplatz (geplant), nach mehrjähriger Verzögerung, letztlich zurückgezogen
- Weinturm Urfahr (geplant), Kaarstraße 11 , Urfahr
- Drei Türme” Friedhofstraße (geplant)
- Bruckner Towers. Urfahr
- Schillerplatz, Zentrum (projektiert)
Wir werden auf linz.genba.org die Diskussionen dazu verfolgen und einzelne Projekt besprechen. Auch wird in den nächsten Monaten über bestehende Hochhäuser in Linz berichtet werden.
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Einige Artikel in österreichischen Medien zum Thema Linz und Hochhäuser
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Datum | Titel | Medium |
---|---|---|
12.01.2021 | Grünes Licht für 109-Meter-Turm in der Tabakfabrik | OÖN |
16.09.2020 | Vision für Linz: Stadtbahn auf einer Brücke [… Eine Stadtbahn auf einer Brücke, Hochhäuser mit bis zu 60 Meter Höhe …] | OÖN |
17.05.2019 | Tabakfabrik Neu: Aufregung um den 100 Meter Turm | OÖN |
15.05.2019 | Die Tabakfabrik bekommt einen 100-Meter-Turm (Herbert Schorn, Reinhold Gruber) | OÖN |
10.04.2019 | Stadtplanung in Linz (Reinhardt Seiß) | a3bau |
28.03.2019 | Stadtplanung: Linz gibt nun klare Vorgaben | OÖN |
04.02.2019 | "Linz weist keine Gestaltungsqualität auf" | OÖN |
25.01.2019 | Bau des Bulgari Tower startet im März: "Ich freue mich, dass es endlich losgeht" | OÖN |
21.11.2018 | Aus für den Weinturm: 75-Meter-Hochhaus wird nicht gebaut | OÖN |
26.9.2018 | Jenseits der Schamgrenze (Reinhard Seiß) | Wiener Zeitung |
28.8.2018 | stand.punkte Reinhard Seiß [Video Statement] | Architektur & Bauforum |
16.8.2018 | Urbanistische Narrenfreiheit (Reinhardt Seiß) | Architektur & Bauforum |
3.6.2018 | Linz: Wie die Zerstörung der Stadt als Fortschritt verkauft wird (Reinhard Seiß) | Die Presse |
27.2.2018 | Warum wird das kleine Hochhaus nicht mehr gebaut? (Sabine Pollak) | derStandard |
26.2.2018 | Bis zum Himmel: Linz und seine Hochhäuser. Sind Hochhäuser ein Irrweg oder notwendig für die Stadtentwicklung? Die OÖN sprachen mit Architekten. | OÖN |
22.2.2018 | Der reiche Bräutigam. Verdichtung an der Linzer Tabakfabrik (Lorenz Potocnik) | BauNetz |
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13,2.2018 | Ein Hochhaus kann in Linz überall gebaut werden, auch in der Altstadt | OÖN |
11.2.2018 | Hochhäuser: Darf Linz Frankfurt werden? (Maik Novotny) | derStandard |
9.2.2018 | Bruckner-Tower Thema im nächsten Gemeinderat | OÖN |
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2 Kommentare
Kommentar von: Geli Bauer Besucher
Der Artikel von Reinhard Seiss zur Lage in Linz, vor allem zum politischen Versagen der Stadtregierung ist heftig. Leider ist der Artikel nur Premium Leser_innen in ganzer Länge zugänglich. Könnte der Beitrag hier nicht, ähnlich wie der von Herrn Potocnik, ebenfalls veröffentlicht werden? Ich denke, es wäre dem Beitrag zu wünschen, dass er sehr viele Leser_innen findet, vor allem auch in Linz.
Kommentar von: Bernadette Migl Besucher
Ich bin auf eine zwar langatmige und die Geduld strapazierende Sendung im lokalen Rundfunk RadioFRO gestoßen. Hier werden ein ÖVP Gemeinderat (Peter Casny) und die Klubobfrau d. Grünen (Ursula Roschger) anlässlich des jüngsten Gemeinderatsbeschlusses zum Bebauungsplan rund um den Bruckner Tower interviewt.
## https://cba.fro.at/ondemand?id=369862 ##
Solche Sendungen könnten geschnitten und zusammengefasst werden. Es ist anstrengend und nicht sehr ergiebig, eine aufgezeichnete Sendung, 1:1 ins Netz gestellt, in ganzer Länge mit allen Längen nachhören zu müssen. Einfach ist das schon, aber journalistisch ist das eine doch sehr bequeme Haltung.
Was die ÖVP will, ist mir nicht so klar geworden. Ein nicht so sympathischer Schlingerkurs.
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