Ist der Wasserwald eine Freiland-Enklave inmitten von Linz ?
Kaum zu glauben, aber der Magistrat der Stadt Linz erklärt, dass der Wasserwald nicht im Ortsgebiet der Stadt Linz liegt, indem er sich auf seine Leseart der Legaldefinition des Begriffs Ortsgebiet auf § 1 Abs. 1 Z. 4 Oö. Hundehaltegesetz bezieht. Damit verwendet der Magistrat die Begriffe Ortsgebiet und Siedlungsgebiet synonym, denn nach Definition des Begriffs Siedlungsgebiet gehört der Wasserwald tatsächlich nicht zum Siedlungsgebiet Linz. Zumindest weist das die Statistik Austria so aus.
Nach der österreichischen Straßenverkehrsordnung allerdings sieht der Sachverhalt anders aus. Danach liegt der Wasserwald unzweifelhaft innerhalb des Ortsgebietes (§2 Abs. 1 Z. 15 StVO).
Das Amt der Oö Landesregierung teilt zum Begriff des Ortsgebietes folgendes mit:
Zur Definition des Ortsgebiets ist festzuhalten, dass gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 StVO 1960 das Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ (§ 53 Z 17a) und „Ortsende“ (§ 53 Z 17b) ist. Die Art der Verbauung ist daher nicht maßgeblich (Pürstl, StVOON14.00 § 2 StVO Anmerkung 20).
Als ergänzende Information wird mitgeteilt, dass der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, dass für die Frage, ob ein bestimmtes Straßenstück im Ortsgebiet liegt, nicht auf subjektive Umstände auf Seiten des Straßenbenützers abzustellen ist; maßgebend ist vielmehr, ob das Straßenstück – objektiv – zum Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ (§ 53 Abs. 1 Z 17a) und „Ortsende“ (§ 53 Abs. 1 Z 17b) gehört (siehe VwGH vom 23.07.1999, GZ: 98/02/0386)..
Wanderwege und Wege innerhalb von Parkanlagen sind Straßen iSd StVO 1960, da sie für den Fußgängerverkehr bestimmte Landflächen darstellen (Pürstl, StVO-ON14.01 § 1 StVO Anmerkung 4).
Im Gegensatz dazu sieht der Magistrat der Stadt Linz den in der StVO definierten Begriff „Ortsgebiet” auf den Wasserwald nicht anwendbar, weil er mit Verweis auf eine Einschränkung im Oö Hundehaltegesetz davon ausgeht, dass unbebaute Flächen innerhalb eines Ortsgebietes ausgenommen sind.
Weitgehend unbebaute Flächen innerhalb der Ortstafeln entsprechen somit nicht der Legaldefinition von „Ortsgebiet“ iSd § 6 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz […].
Betreffend Hundefreilaufflächen gibt es seitens des Magistrats die Rechtsauffassung, dass weitgehend unbebaute Flächen innerhalb der Ortstafeln nicht unter die Definition von „Ortsgebiet“ iSd Oö. Hundehaltegesetzes fallen […].
[Anm. Autor: Wobei sich das Hundehaltegesetz selbst in §1 Abs. 1 Z. 4 auf die StVO bezieht, allerdings mit dem Zusatz: […] und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern
.]
Nun stellt sich die Frage, ob § 1 Abs. 1 Z. 4 Oö Hundehaltegesetz den Begriff des Ortsgebietes gegenüber der Definition in der StVO einschränkt, oder ob dort der Geltungsbereich über das in der StVO bestimmte Ortsgebiet auch auf Ortschaften erweitert wird, sofern diese mit mindestens fünf Wohnhäusern geschlossen bebautes Gebiet darstellen. Die Leseart des Magistrats sieht im Hundehaltegesetz keine Erweiterung, sondern eine Einschränkung und daher sieht sie den Wasserwald nicht als Ortsgebiet.
Es braucht hier sicherlich eine Klärung. Denn faktisch hätte die Leseart des Magistrats zur Folge, dass das Oö Hundehaltegesetz in Teilen für den Wasserwald nicht anwendbar wäre, zumal sich der Wasserwald obendrein in Privatbesitz befindet und es sich daher um keine öffentliche Fläche handelt. Das hätte weitreichende Konsequenzen.
Wir folgen der Rechtsauffassung des Amtes der Oö Landesregierung und sehen in der Rechtsauffassung des Magistrats Linz eine legalistisch fragwürdige Interpretation.
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